Es gibt eine klare Botschaft an Prostatakrebspatienten: Wenn ihnen ein Arzt sagt, es existiert für sie keine Therapie mehr, dann ist das heute falsch. Es gibt immer noch etwas“, sagt der Onkologe Univ. Prof. Michael Krainer von der MedUni Wien.
Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs (mit Metastasen) bekommen als Standard eine klassische Anti-Hormon-Therapie: Sie entzieht dem Tumor die männlichen Sexualhormone, die er zu seinem Wachstum benötigt. Sprechen sie darauf nicht mehr an, gibt es mehrere weitere Möglichkeiten:
Neue Hormontherapien
Zwei in der Zulassungsphase bzw. Zulassungsstudie befindliche Substanzen (Abiraterone, MDV 3100): „Man hat entdeckt, dass der Tumor in den Metastasen selbst Testosteron produzieren kann. Diese Substanzen stoppen direkt im Tumor die Hormonbildung“, sagt Urologe Univ.-Prof. Gero Kramer. Abiraterone kann dadurch das durchschnittliche Überleben der Patienten um fast vier Monate verlängern. „Diese Substanz wird wahrscheinlich 2011 für einen Einsatz nach der Chemotherapie zugelassen werden“, so Krainer: „MDV 3100 können wir hingegen derzeit in einer Studie auch vor einer Chemo anbieten.“ Daten zur Überlebenszeitverlängerung gibt es hier noch keine.
Neue Immuntherapien
Die US-Behörde FDA hat heuer den „Krebs-Impfstoff“ Sipuleucel-T zugelassen: Dabei werden dem Körper Abwehrzellen (dendritische Zellen) entnommen und mit einer Substanz (Antigen) gekoppelt. Dadurch werden sie für Antikörper (Abwehrstoffe) gegen den Tumor erkennbar. Dem Körper wieder zugeführt, sollen sie so eine verstärkte Reaktion des Immunsystems auslösen. „Wir hoffen, dass wir 2011 diese Immuntherapie nach Europa holen können“, sagt Krainer. Im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen mit dendritischen Zellen sei in diesem Fall eine Lebensverlängerung nachgewiesen.
Eine weitere Chance bietet eine Studie mit dem Antikörper Ipilimumab: „Er entfernt gezielt Zellen aus dem Körper, die das Immunsystem bremsen – dadurch wird es aktiviert.“
Kombitherapie
Vielversprechend scheint auch die Kombination von Chemotherapie mit Substanzen, die die Blutversorgung des Tumors hemmen. Auch hier können Patienten in eine Studie aufgenommen werden.
Ziel müsse es sein, all diese Therapien möglichst frühzeitig einzusetzen: „Nur dann
haben wir eine Chance, die Patienten wirklich zu heilen“, betont Krainer. Die Rolle der Chemotherapie werde durch die neuen Therapien in ihrer Bedeutung zurückgehen, ist der Urologen Univ.-Prof. Michael Marberger überzeugt.
Zelltod
Eine wieder ganz andere Therapiemöglichkeit könnte ein Forschungsergebnis der „Arbeitsgruppe Urologische Tumoren“ der MedUni Wien in Kooperation mit der Harvard Medical School liefern: Ist im Körper die Aktivität des Proteins TRAIL reduziert, verlaufen die Prostatatumore aggressiver. Denn TRAIL löst einen Mechanismus aus, der mit dem „Selbstmord“ (Apoptose) von Tumorzellen endet. Deshalb wird jetzt nach Substanzen gesucht, die TRAIL aktivieren.
„Wir haben in Zukunft die Chance, verschiedene Therapien hintereinander einzusetzen“, sagt Krainer – spricht der Patient auf eine nicht mehr an, werde zur nächsten gewechselt. „Ich habe Patienten, bei denen die alte, klassische Hormontherapie nicht mehr gewirkt hat – und denen es mit den neuen Wirkstoffen jetzt schon über viele Jahre sehr gut geht.“