von Lisa Kühne-Eversmann
Darmkrebs
In Österreich erkranken etwa 5000 Menschen jährlich an Darmkrebs, etwa die Hälfte stirbt daran. Mediziner kämpfen gegen die zweithäufigste Krebserkrankung mit innovativen Früherkennungsmethoden und verbesserten medikamentösen Tumorstoppern.
Je besser man seinen Gegner kennt, desto wirkungsvoller kann man ihn angreifen und k.o. schlagen. Das gilt nicht nur beim Boxen, sondern auch im Kampf gegen den zweithäufigsten Krebs – Darmkrebs. Dazu versuchen Forscher die Eigenschaften der Darmkrebszellen bis ins Detail aufzukären, um empfindliche Früherkennungsmethoden und wirksame Behandlungsstrategien zu entwickeln.
Das Tückische an Darmkrebs: Erst im fortgeschrittenen Stadium macht er Beschwerden, dabei wäre Früherkennung im Sinne einer erfolgreichen Behandlung ganz wesentlich. Deshalb empfehlen Experten eine Untersuchung der genetischen Prdisposition und ine regelmäßige Vorsorge ab dem 40. Lebensjahr.
Vorsorge zählt
Für den Test auf ein genetisch bedingtes Krebsrisiko ist nur eine einfache Blutentnahme nötig. Tatsächlich erlaubt die genetische Rasterfahndung, jene Personen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko zu identifizieren. Bilden sich die ersten gutartigen Krebsvorstufen (Adenome), greift die Früherkennung. Zu dieser zählen die Darmspiegelung und der Stuhltest Hämoccult, der verstecktes Blut im Stuhl nachweist. Da die Treffsicherheit des Tests jedoch gering und die Darmspiegelung unangenehm für den Patienten ist, werden genauere und verträglichere Nachweismethoden gesucht.
Eine internationale Forschergruppe um Matthias Ebert, Professor für Gastroenterologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität in München, ist fündig geworden. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie kürzlich im Fachmagazin Gastroenterology. Sie wiesen im Tumorgewebe und im Blut von Darmkrebspatienten eine erhöhte Anzahl von so genannten methylierten ALX4-Genabschnitten nach. „Wir wissen, dass wichtige Abschnitte im Erbgut bei der Tumorentstehung blockiert werden, indem sie mit zusätzlichen Methylgruppen beladen werden“, erklärt Ebert. Die Wissenschaftler fanden zudem heraus, dass die Konzentration des methylierten ALX4-Gens nicht erst bei Darmkrebs, sondern schon bei dessen gutartigen Vorstufen ansteigt. „Wir wollen jetzt herausfinden, ob es sich als Früherkennungsmarker bei Darmkrebs eignet“ sagt Ebert. Zur Erklärung: Al Marker wird ein charakteristisches Kennzeichen eines Tumors bezeichnet. „Wenn methylierte ALX4-Gene schon frühzeitig in der Tumorentstehung nachweisbar sind, könnten wir vielen eine Koloskopie ersparen, da wir mit dem Bluttest sicher sagen könnten, ob ein Adenom vorliegt oder nicht“, hofft der Münchner Forscher.
Neue Verfahren
„Was wir jetzt schon sagen können ist: Je mehr methyliertes ALX4 nachweisbar ist, desto wahrscheinlicher leidet der Patient an einem fortgeschrittenen Tumor.“ Die Genauigkeit der neuen Methode ist jetzt schon höher als die des Hämoccult-Tests. Durch Kombination mit weiteren genetischen Markern hofft Ebert auf noch bessere Ergebnisse.
Ist eine verdächtige Gewebewucherung entdeckt, wird sie abgetragen und untersucht. Handelt sich es um gutartiges Gewebe, werden dem Patienten regelmäßige Kontrolluntersuchungen empfohlen. Lassen sich jedoch Krebszellen nachweisen, muss sofort behandelt werden. Die Therapie richtet sich nach der Größe, Ausbreitung und Metastasierung des Tumors. „Meist wird der Tumor erst durch eine Operation entfernt und dann mit einer Chemotherapie behandelt, um möglichst alle Krebszellen zu vernichten“, sagt Michael Krainer, Professor für Innere Medizin im Allgemeinen Krankenhaus in Wien.
Für die Chemotherapie stehen mehrere Krebsmedikamente – Zytostatika wie Oxaliplatin, Irinotecan, Leukovorin und 5-Fluorouracil (5-FU) zur Verfügung. Zytostatika verlangsamen das Wachstum von Zellen oder töten sie sogar. Meist werden zwei Substanzen kombiniert. Um die Chemotherapie wirksamer und verträglicher zu machen, werden auch Zytostatika ständig weiterentwickelt und mit neuartigen Wirkstoffen kombiniert, die den Tumor gezielt an dessen Schwachstellen angreifen. Prominente Beispiele sind die monoklonalen Antikörper. „Welche Therapie ein Krebspatient erhält, sollte individuell auf Basis der molekulargenetischen Besonderheiten des Tumors entschieden werden“, sagt Krainer. „Der Patient verdient einen Maßanzug, nicht bloß eine Therapie nach Schema.“